In der Nacht

„Wie viele Sterne mag es wohl da oben geben?“

„Hmm, das kommt darauf an!“

„Auf was?“

„Na, möchtest Du wirklich wissen, wie viele es sind?“

„Ja, das habe ich doch gesagt!“

„Wirklich wirklich? – Na, es sind genau 5194“

„5194? So ein Quatsch! Das ist gelogen!“

„Hmm, Du meinst also, ich lüge? 
Dann beweise mir, dass ich Unrecht habe!“

„Jeff hat mir gesagt, das es unendlich viele gibt!“

„Hat Jeff sie denn gezählt?“

„Ja, nein: Er hat mal angefangen, hat aber dann aufgegeben.“

„Dann glaubst Du also lieber Jeff, 
nur, weil er nicht zu Ende zählen wollte?“

„Hast DU sie denn gezählt?“

„Nein. Aber ich weiß es einfach.“

„Na, vielleicht weisst Du es eben nicht, und Du willst es nicht zugeben!“

„Nun, dann gibt es nur eine Möglichkeit, 
das herauszufinden: Fange an zu zählen!“

Da er die nächsten Minuten nichts mehr sagte und immer nur auf eine Stelle im Himmel blickte, ging ich davon aus, dass er wirklich anfing, einen Stern nach dem anderen zu zählen. Aber schon nach 2 Minuten sagte er:

„Paps, ich habe jetzt einfach mal die Ecke links unterhalb der großen Linde bis zum Stamm gezählt, und bin schon bei 51!“

„Gut, das hast Du jetzt schon mit bloßem Auge gesehen!
Was wäre, wenn Du ein Fernglas nimmst? Werden das dann mehr sein?“

„Ja, bestimmt! Hundert mal mehr“

„Und wenn Du ein großes Fernrohr nehmen würdest?

„Dann noch viel, viel mehr!“

„Und wenn Du Dich verzählst?
Fängst Du dann wieder von vorne an?“

Sein Schweigen verriet mir, dass er an seiner Methode wohl zweifelte. Das musste ich ausnutzen.

„Nehmen wir einfach mal an, Du machst ein Foto
vom Sternenhimmel heute und fängst an, 
darauf die bereits gezählten Sterne zu markieren? 
Dann wirst Du morgen zu dieser Zeit feststellen,
dass am Horizont wieder neue Sterne dazu gekommen sind,  
auf der anderen Seite aber welche verschwunden sind, 
die Du vielleicht erst in einem Jahr wiedersehen wirst.“

„Dann mache ich einfach noch ein Foto, 
lege sie übereinander, um die Neuen zu erkennen, 
und irgendwann habe ich alle fotografiert und gezählt!“

„Und wenn Du Dir dann ein noch besseres
Fernrohr kaufst und feststellst, 
dass in den tiefschwarzen Räumen dazwischen doch noch Sterne sind?“
Wie lange musst Du dann noch zählen?

„Ui, das wird lange dauern!“

„Genau! Du wirst jede Nacht hier sitzen und zählen, und zählen.
Alle werden Dich als Sonderling betrachten, 
der sein Leben lang Nacht für Nacht die Sterne zählt.

„Na und? Aber ich könnte Ihnen irgendwann genau sagen, wie viele es sind, und dass Du Unrecht hattest. Vielleicht werde ich berühmt?“

„Das mag sein, aber Du hättest viele, 
viele Stunden Deines Lebens mit dem Zählen verbracht. 
Und am Ende jeden Tages hättest Du Zweifel, 
ob Du nicht doch einige übersehen hast, und schaust wieder nach oben.“

Ich merkte, er dachte nach, und vielleicht sah er sich schon als Greis hier vor der Linde sitzen, und die Leute aus dem Dorf würden Ihm voller Mitleid Essen und Trinken bringen, und doch würden Sie hinter seinem Rücken Witze über Ihn machen.

„Dann frage ich jetzt Dich: Was meinst DU denn, wie viele es sind?“

„5194!“ 

Er lachte.

„Du hast recht. Es kommt wohl nur darauf an,
davon überzeugt zu sein. Dann ist es doch egal,
ob es wirklich so viele sind. 
Und Du hast Zeit, mich um Wichtigeres zu kümmern!“

Ich schmunzelte, sagte aber nichts und blickte nach oben. Ich ertappte mich dabei, die Sterne links unter der großen Linde nachzuzählen.

Ich war stolz auf Ihn.

Roland aus Friemersheim. 2024

Im Taxi

Er sah nachdenklich aus. So, als wenn Ihn irgend etwas beschäftigte.
Sollte ich Ihn ansprechen? Ich kenne Ihn doch gar nicht.

Doch ein wenig Smalltalk konnte nicht schaden. Schließlich unterhält man sich auch mit seinem Friseur, und einfach die gesamte Taxifahrt zu schweigen, ist ja irgendwie unhöflich. Also versuchte ich es. Die Fahrt würde ja sicher noch eine ganze Weile dauern.

Doch anstatt einen Satz über das Wetter oder den Berufsverkehr zu sagen, fragte ich: „Probleme?“

Mist! So beginnt man doch keinen Smalltalk. Eher eine gewollte Konfrontation. Ich biss mir auf die Lippen und suchte nach einer unverfänglichen Fortsetzung der Frage, da bemerkte ich seinen überraschten Blick in den Rückspiegel auf mich auf der Rückbank.

„Wieso, nein?“

„Ich wollte nicht unhöflich sein, aber es sah so aus, als wären sie etwas abgelenkt.“

Ein Taxifahrer und abgelenkt. Gleich setzt er mich vor die Türe, dachte ich.

„Ja, wissen Sie, es beschäftigt mich schon den ganzen Tag, und ich weiß nicht, was ich machen soll.“

Ui, jetzt habe ich wohl ins Fettnäpfchen getreten, und er sagt mit, seine Freundin sei schwanger, oder ähnliches. Bevor ich abbrechen konnte, setzte er fort:

„Ich bin im zweiten Lehrjahr. Bald mache ich meine Gesellenprüfung als Facharbeiter für Solaranlagen. Die Arbeit macht mir Spaß. Ich würde sicher in der Firma bleiben können und hätte zusammen mit dem Taxi-Job ein gutes Einkommen. Doch mein Chef, der auch mein Onkel ist, hat mir geraten, weiter zu machen. Ein Ingenieurstudium! Er würde mich auch unterstützen.“

„Das klingt doch toll! Nicht jeder bekommt so eine Chance.

„Ja, das mag sein. Doch das Studium wäre im Ausland. Ich müsste meine Sprachkenntnisse in kurzer Zeit aufbessern und würde lange Zeit ohne meine Freunde hier sein. Ich weiß nicht, ob ich das schaffen werde.“

Das war es also. So jung und schon Selbstzweifel. Und keine schwangere Freundin – Puh.

„So eine Entscheidung ist sicher nicht leicht. Die kann Dir auch niemand wirklich abnehmen.“

Keine Ahnung, warum ich Ihn jetzt plötzlich duzte.

„Aber ich kann Dir sagen,  dass Du noch viele solche Entscheidungen in Deinem Leben treffen musst, und jedes Mal wirst Du unsicher sein, das richtige zu tun.“

In einer gedanklichen Pause sah Ich Ihn an und bemerkte, dass er sehr aufmerksam meinen Worten folgte.

„Bleibst Du bei Deinem Onkel in der Firma und fährst weiter abends Taxi, wirst Du sicher gut leben können.“

Er nickte.

„Aber kann es nicht sein, dass Du Dich irgendwann einmal fragst, wie Dein Leben gelaufen wäre, hättest Du das Angebot Deines Onkels angenommen und wärst Bauingenieur geworden?“

„Ja, aber so ein Studium ist schwer. Wie soll ich das schaffen? Ich habe selbst die Schule mit Ach und Krach geschafft. Welche Enttäuschung wäre ich, wenn mich mein Onkel so unterstützt, und ich muss nach 3 Semestern vielleicht schon abbrechen?“

Wir hatten den Kern seines Dilemmas getroffen! Er sah sich in Gedanken schon als „Loser“ nach Hause zurückehren.

„Hier geht es nicht um Deinen Onkel, sondern nur um Dich! Ich kann Dir nur sagen: Wenn sich Dir zwei Wege öffnen, der eine vermeintlich leicht, der andere aber schwer und vielleicht unüberwindbar, dann nehme trotzdem den schweren.
Versuche es! Halte Dir aber immer als „Plan B“ den anderen Weg offen. 
Denn solltest erkennen, dass Du den Anforderungen nicht gewachsen bist, dann kennst Du Deine Grenzen.
Dann aufzugeben, ist keine Schwäche, im Gegenteil:
Du wirst später guten Gewissens sagen können, dass Du es versucht hast. Das ist tausendmal besser, als das Gefühl des Zweifels, es nie versucht zu haben.“

Ich war sehr überrascht, so altklug gegenüber jemand aufzutreten, den ich nicht kannte, und dem ich sicher nie wieder begegnen werde. Er sagte lange Zeit nichts, doch seine nächste Reaktion hätte ich nie vermutet. Wieder blickte er in den Rückspiegel:

„Sind sie ein Gott?“

Ich lachte verlegen. Hatte ich wirklich so einen Eindruck hinterlassen?
„Nein, ganz bestimmt nicht. 
Aber ich habe selbst schon mal vor einer ähnlichen Entscheidung gestanden. Ich habe mir im Studium hohe Ziele gesetzt.
Als ich meine Grenzen erkannte, war es Zeit, den Kurs zu korrigieren und eine nähere Ausfahrt zu suchen. Ich habe es nie bereut, denn es war genau die richtige Entscheidung.“

Er war sichtlich beeindruckt. 

Wir waren am Ziel angekommen. 

Er hätte fast vergessen, das Taxameter zu stoppen und mir die Kosten für die kurze Fahrt zu nennen. Ich stieg aus und winkte Ihm nach. Was mag wohl aus Ihm geworden sein?

Während ich die Haustüre aufschloss, dachte ich noch mal nach.
Man kann tatsächlich sagen, dass ein einfacher Satz mein Lebensmotto geworden ist:

Ziele hoch, und treffe mittig!

Roland aus Friemersheim. 2024

Wenn ich ein Virus wär‘

Vorwort

Achtung: Diese kleine Geschichte ist frei erfunden. Die Lebewesen darin können weder denken, sprechen oder sich selbstständig bewegen. Die Personen darin würden sich auch nie so fahrlässig verhalten, denn das verbietet schon der gesunde Menschenverstand.

Wer sich in seinem Verhalten allerdings darin auch nur zum Teil wiederfindet, sollte letzteren vielleicht schnellstmöglich einschalten.

Meine Gedanken sind bei alle denen, die in dieser Krise leiden müssen und Angst um sich, um Ihre Lieben, Ihre Eltern oder Großeltern haben.

Viel Spaß beim Lesen.

Roland aus Friemersheim.

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Wenn ich ein Virus wär‘, …..

…. dann würde ich sicher um mein Überleben kämpfen!

Das ist leider gerade in Gefahr, da mich jemand auf dem Handgriff eines Einkaufswagens zurückgelassen hat.  In ein paar Stunden wäre es aus mit mir, zumal gerade der Himmel aufreißt und die pralle Sonne auf den Kunststoffgriff scheint. Wärme mag ich nicht!

Doch da kommt ein neuer Mensch, und da die zuletzt eingestellten Wagen auch wieder als Erste genommen werden, bin ich froh, wieder unterwegs zu sein.

Das Grauen wartet allerdings direkt an der Eingangstür des Supermarktes: Auf einem Stehtisch steht eine Flasche mit meinem Todfeind, der Desinfektionslösung für die Hände.

Ein Glück: Unser Mensch ignoriert Flasche und Hinweisschild und schiebt uns vorbei in den gemütlichen Markt. 

Ich beschließe, zusammen mit ein paar Nachbarn auf die Hand unseres Chauffeurs umzusiedeln. Hier wird es schon eng! Offenbar liegt das letzte Händewaschen schon lange zurück. 

Die Hand geht von Regal zu Regal. Artikel werden angefasst, und manchmal wieder zurückgestellt. Hier verliere ich viele meiner neuen Freunde und rufe Ihnen zu: Na, der nächste Kunde kommt bestimmt und nimmt Euch mit.

Mein Hand-Taxi kommt nun zur Kühltheke. Nein, nicht die Tiefkühltruhe, sondern die offene Theke mit Wurst, Käse und Milchprodukten. Ha, diese Temperatur mag ich, und die Oberfläche dieser Verpackungen ganz besonders. Ich habe eine fettige Haut, und so kann ich diese glatten Oberflächen richtig schön beschmieren.

Ich entscheide mich, mich auf einer Packung Toast-Scheibletten niederzulassen, bereue es aber schnell, da diese wohl gerade erst eingeräumt wurde, und ich bin allein.

Da liege ich nun tief im Einkaufswagen. Ab und zu kommt die Salamipackung vorbei geschmiert, und ich höre, dass es den Passagieren dort ähnlich geht.

Ist das schon das Ende ?

Nein: Wenige Minuten später, meine Haut wurde schon ganz faltig, greift unser Hand-Taxi wieder in den Wagen und legt Käse, Salami und die anderen Taxis auf ein großes Förderband. Party! Ich traue meinen Augen nicht, wie viele Freunde sich schon auf dem Förderband niedergelassen haben. Einige beschmieren das Band und Fahren wohl die nächste Stunde kostenlos Karussell. Ist ja wie im Freizeitpark hier!

Ich schaffe leider den Absprung nicht, bekomme aber viele neue Freunde, denen wohl vom Karussellfahren schon schwindlig ist. Sie kommen auf einen Schmierer vorbei und setzen sich neben mich. Hoffentlich übergeben die sich nicht auf meiner schönen Käsepackung!

Ein Lichtblitz schreckt uns auf. Sonne? Nein, es ist der Laser der Scanner Kasse. Die Glasscheibe darauf sieht leider recht sauber aus. Ich blicke auf die Kassiererin und Ihre Hände.Sie trägt Latexhandschuhe, und ich denke mir leise: „Die Glasscheibe wird geputzt, doch das Band hast Du vergessen.“

Einige nutzen die Oberfläche Ihrer Handschuhe noch als schnelle Umsteigemöglichkeit. 

Der Rest von Uns landet wieder im Einkaufswagen. Ein kurzer Blick in die Runde zeigt mir, dass nun so gut wie keine Verpackung hier unbesiedelt ist. Die Packungen, die bisher noch verwaist waren, sind spätestens im Freizeitpark neu besetzt worden. 

Wir kommen schnell in eine Tasche, und es wird dunkel. Die Brötchen-Tüte nebenan wärmt mein Käse-Taxi. Ich versuche, mich mit den Bewohnern darauf zu unterhalten, doch die Stimmen darauf werden immer leiser. Offenbar ist das Papier kein guter Sitzplatz für unsereinen.

Es rumpelt leicht. Offenbar stellt unser Kunde den Einkaufswagen wieder zurück. Ich höre vom Handgriff noch einige meiner alten Freunde rufen: „Taxi!“. 

Der nächste Kunde wartet schon.

Für uns auf dem Käse beginnt eine beschwerliche Fahrt. Der PKW heizt sich in der Sonne auf, doch wie bestellt hat sich eine Pizzapackung neben uns gesetzt. Tasche mit Klimaanlage – Klasse!

Wieder rumpelt es, und ich sehe durch einen Schlitz die Decke eines Hausflurs.

Die Tasche wird abgestellt, unser Mensch klingelt an der Tür und sagt etwas wie: 

„Gern geschehen. Bis nächste Woche. Bleiben Sie gesund und lassen sich nicht anstecken!“

Aus meiner Tasche kommt ein lautes Gegröle.

Ich schließe meine Augen und drücke meine vielen Daumen: Wenn unser neuer Mensch jetzt unser Käse-Taxi in die Hand nimmt, zufällig das Händewaschen vergisst und sich man kurz die Nase reibt, haben wir es ….

… geschafft!   Zuhause!

Weihnachtsstress

Weihnachtszeit!

Von allen Seiten klingt es, riecht es, und sieht aus wie: Weihnachten ! Weihnachtsmärkte in jeder Stadt. In Duisburg wachsen blaue (!) Kunststofftannen aus dem Pflaster der Königstrasse. Sogenannte Weihnachtsmusik tönt in einer endlosen Wiederholungsschleife aus hunderten von Lautsprechern. Glühweinbuden und Grillstände bestimmen das Bild, und nur vereinzelt traut sich jemand, etwas handgefertigtes anzubieten, bis man bei näherem Hinsehen erkennt: Der angeblich in filigraner Handschnitzerei gefertigte Balthasar sieht, wie auch alle anderen Krippenfiguren, exakt so aus wie die anderen 5 Zwillinge dahinter, und die hundert anderen im versteckten Karton hinten in der Bude. CNC Fräsbänke machen es möglich. Hier und da noch ein Kleiner Kratzer mit dem Schnitzmesser, und schon ist die „Handarbeit“ fertig.

Beim wöchentlichen Einkauf im Supermarkt versperren Schokoladen-Weihnachtsmänner deinen gewohnten Einkaufsweg, und ein Blick auf die Schlange an der Fisch- und Fleisch-Theke kündigt das nahe Weihnachtsfest an. Offenbar hat jemand gesagt, dass es nach den Feiertagen nichts essbares mehr gibt, und so werden bergeweise Lebensmittel auf die Förderbänder der Kassen gelegt, wo entnervte Kassiererinnen sich nur noch unter Anstrengung zu einem „Schöne Feiertage noch“ durchringen können.

Auf der Suche nach etwas Ruhe nehme ich am Heiligabend mal nicht den Wagen, um den vorbestellten Lachs für das Fest abzuholen. Ist ja nur ein Kilometer, und im Nieselregen, den Kopf eingezogen in den hochgestellten Kragen der Winterjacke wie eine Schildkröte, denke ich mir: Wo ist denn nun das „Weihnachten“ ? Heute, am heiligen Abend, ist vor mehr als 2000 Jahren ein Mann geboren worden, der in seinem kurzen Leben von Frieden, Mitmenschlichkeit und Liebe gepredigt hat. Er muss damit einen großen Eindruck hinterlassen haben, wenn man heute noch seinen Geburtstag feiert!

Wenn also der Grundgedanke von Weihnachten das Gedenken an diesen Mann und seine mahnenden Worte ist, wo finde ich Ihn zwischen all den Plastikverpackungen mit Süßigkeiten, zwischen Glühweintassen und ratternden Registrierkassen ?

Ich finde Ihn, ganz unerwartet, beim Besuch meiner Mutter im Pflegeheim. Alle Bewohner, auch die bettlägerigen, sind versammelt für eine kleine Andacht mit der Pfarrerin der evangelischen Gemeinde nebenan. Kein Weihnachtsbaum, keine Kerzen, und auf den Tischen mehr Schnabelbecher mit Kirschsaft als richtige Trinkgläser. Wir singen ein kleines Weihnachtslied, und alle stimmen mit ein. Hier, zwischen Rollstühlen und Rollatoren, finde ich endlich die Stimmung, die eines heiligen Abends würdig ist. „Friede Euch Allen“ sagt die Pfarrerin, und ich fühle, dass diese Worte auch jeden berühren.

Friede Euch Allen. Allen in dieser Welt. Gleich, welcher Nation, welcher Hautfarbe, welcher Religion. Allezeit. Nicht nur zur Weihnachtszeit. Geht achtsam miteinander um, und achtsam mit der Welt, von und auf der wir leben. Unser eigenes Leben ist endlich, und endlich sind die Resourcen dieser einen Welt. Das, was wir auf unserem Weg durchs Leben verbrauchen und zertreten, sollte auch wieder wachsen können. Auf einer öffentlichen Toilette las ich mal den profanen Satz „Hinterlasse diesen Ort so, wie Du Ihn dir vorzufinden wünschst„. Sollte unsere Anwesenheit dann spurlos bleiben ? Nein! Denn unser Schaffen sollte die Welt – hoffentlich – etwas besser gemacht haben. Das, denke ich, ist Weihnachten: Zeit für Uns, für die Familie, Zeit, mal über uns nachzudenken, wie gut es uns doch geht.

Und unsere Einsicht sollte in seinem Nachhall ein wenig in die Zeit derer klingen, die nach uns kommen und hoffentlich, eines Tages, das gleiche für sich selbst erkennen.

Friede Euch Allen.

Immer. Nicht nur zu Weihnachten.

Roland. 25.12.2018.